Südtirol 2021

Die Coronajahre machen das Reisen schwieriger und somit planen wir eher kurzfristig als langfristig. Genau diese Vorgehensweise führte uns im November 2021 nach Südtirol, genauer gesagt in die Dolomiten. So einigen mag die Reisezeit etwas aufstoßen, denn die meisten besuchen diese Region in den Sommermonaten oder zum Skifahren. Die Entscheidung der Zwischensaison hatte für uns einige Vor- aber auch Nachteile. Anders als üblich starteten wir die Reise nicht von Potsdam, sondern von Ravensburg aus, wo wir unseren 20-jahre-alten Benz von den Schwiegereltern übernahmen und ihn direkt für unseren Kurzurlaub benutzten.

Naturpark Drei Zinnen, Südtirol

Die Fahrt von Ravensburg nach Magré gab uns schon einen ersten Vorgeschmack darauf, was die Leute immer meinen, wenn sie sagen, dass Südtirol so unfassbar teuer war. Denn schon für das Passieren der österreichischen und italienischen Straßen haben wir nur auf dem Hinweg fast 40 Euro gezahlt (inklusive der Vignette für Österreich). In Deutschland gibt es natürlich auch Mautstraßen, aber eben deutlich seltener als in Österreich oder Italien. Allerdings haben wir schnell dazugelernt und bereits ab dem zweiten Tag sehr genau abgewogen, ob die Nutzung einer kostenpflichtigen Straße wirklich eine sinnvolle Entscheidung für uns ist. Zunächst hatten wir uns über unsere vergleichsweise günstige Unterkunft in Magré gefreut, diese lag aber eben direkt an einer Mautstraße, sodass man schon etwas aufpassen musste, nicht bei jeder Gelegenheit die teure Straße zu benutzen, sondern einen Umweg zu fahren. Mautstraße zu sperren war dabei auf Google Maps natürlich hilfreich und das erste Mal für uns wirklich unerlässlich.

Naturpark Drei Zinnen, Südtirol

Unseren ersten Tag wollten wir in den Dolomiten verbringen und steuerten dafür einen absoluten Hotspot an – die drei Zinnen. Eigentlich ist die Fahrt zum Start der Wanderung mit einer 30-Euro-teuren Mautstraße verbunden. Aber wir hatten genug von Mautgebühren und fanden bei unserer Online-Recherche einen kostenlosen Parkplatz, von dem aus wir zu den drei Zinnen wandern wollten. Vom Largo Antorno nahmen wir eine Wanderroute, die uns etwas Querfeldein hoch zu den drei Zinnen führte. Komoot sei Dank war die Navigation ziemlich einfach – auch wenn die Schneepfade nicht immer ganz eindeutig waren. Die Aussicht und die tolle Erfahrung waren es auf jeden Fall wert. Mit Aussicht hatte es sich oben an den drei Zinnen aber ganz schnell erledigt, denn wir sahen…. nichts. Jedenfalls nichts außer Nebel, denn der war so dicht, dass die ganze wunderschöne Landschaft, inklusive der drei Zinnen komplett verschluckt wurden. Das Wetter war also nicht ideal. Allerdings waren dafür auch nur sehr wenige Leute unterwegs.

Naturpark Drei Zinnen, Südtirol

Den zweiten Tag haben wir im Naturpark Schlern und dem Karersee verbracht. Hier zeigte sich zum ersten Mal, welchen Vorteil es hat, in der Zwischensaison zu fahren. Die Region bereitete sich gerade massiv auf die kommende Skisaison vor. Somit waren einige Straße nicht mehr passierbar, aber dafür war es wirklich erstaunlich leer. Die Masse an Skiliften, Skihütten und Hotels gaben uns einen Vorgeschmack darauf, was in der Region wohl zwei Wochen später losgewesen wäre. Massentourismus extrem – aber davon war noch nichts zu sehen. Ich glaube, das genau das unseren Urlaub in Südtirol so besonders gemacht hat. Wir hatten sehr viel Zeit, um uns die Gegenden, die wir besucht haben, anzuschauen und zu verweilen.

Anders als viele Straßen haben wir für Parkplätze in aller Regel nichts bezahlt. Selbst am Karersee, wo schon der Weihanchtsmarkt aufgebaut war, der einmal um den See herum durch den Wald führt, war der Parkplatz gratis. Es gibt also durchaus Möglichkeiten, Südtirol mit kleinem Budget zu besuchen. Wenn man sich mehr Zeit nimmt und die Mautstraßen umfährt und dazu noch ein gutes Händchen bei der Unterkunft hast, lassen sich die Kosten drücken. Zusätzlich bieten viele Unterkünft eine Weinkarte an. Mit diesem Touristenpasst kann man viele der Lifte und den öffentlichen Nahverkehr kostenlos benutzen. Wenn man sich dann noch eher an die örtlichen Supermärkte hält und die Nebensaison anpeilt, ist Südtirol auch mit kleinem Geldbeutel zu machen.

Burg Andraz, Livinallongo Del Col Di Lana, Venetien

Südtirol ist kulturell eine Besonderheit und das merkt man auch klar, denn viele der Südtiroler verstehen sich keineswegs als Italiener. In der Region ist so ziemlich alles zweisprachig oder ganz in Deutsch. Es wird auch fast ausschließlich Deutsch gesprochen. Landschaftlich fühlten wir uns wie in Italien oder kulturell keineswegs. Wenn wir Kontakt mit Südtirolern hatten, haben wir klar gemerkt, dass wir eben doch nicht in Italien sind. Ein kleiner Blick in die Geschichte: Im ersten Weltkrieg bot Italien an, seine Neutralität aufzugeben, wenn es dafür Südtirol zugesprochen bekäme. Die Allierten nahmen das an und so ging Südtirol – entgegen des Selbstbestimmungsrechts der Völker und entgegen der Haltung Österreichs an Italien. Zuvor hatte Südtirol über 500 Jahren zu Österreich gehört, was gut erklärt, warum sich die meisten Südtiroler eher Österreich zugehörig fühlen, nur selten aber Italien.

Zu Zeiten Mussolinis wurden insbesondere die Südtiroler stark unterdrückt. Das Sprechen der eigenen Sprache wurde ebenso verboten wie das Tragen von südtiroler Kleidung. Viele Südtiroler erhielten italienische Namen und wurden umgesiedelt. Es war ein langer Kampf seitens der Südtiroler bis Italien schließlich nachgab und die Autonomie Südtirols nicht nur anerkannte, sondern auch durchsetzte. Das uns in Südtirol also das Italiengefühl fehlte, hat nicht nur mit der Sprache zu tun. Auch die Häuser und die von uns wahrgenommene Mentalität waren für uns eben „Südtirol“ und ganz und gar nicht italienisch.

Egna, Südtirol

Unseren letzten Tag verbrachten wir in Bozen/Bolzano. Eine wirklich gemütliche und schöne Stadt. Da die Parkplatzsituation aber auch hier etwas angespannt ist, würden wir dazu raten, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu fahren. Wir haben das Auto aber außerhalb der Innenstadt geparkt, was gar nicht so einfach war, weil es nur sehr wenige Parkplätze gibt. Ich kann mir schwer vorstellen, wie das zur Hauptsaison wäre.

Aufgrund unserer Wahl für die Nebensaison konnten wir Hotspot wie Sezeda nicht besuchen, denn die Straßen waren schon gesperrt und überall bereiteten Schneemaschienen die Skisaison vor. Wer viel Zeit hat, hätte natürlich die Möglichkeit zu wandern. Aber da wir nur wenige Tage in Südtirol verbracht haben, was das für uns keine Option. Tatsächlich war es oftmals nicht so einfach, herauszufinden, welche Orte noch angesteuert werden können und welche nicht. die Fahrpläne für die Seilbahnen richten sich eher an die Hautsaison und sind oft nicht sonderlich detailliert.

Graun im Vinschau, Südtirol

Für denn Rückweg nach Hause entschieden wir uns für eine andere Route. Einerseits umfuhren wir so die Mautstraße und andererseits sahen wir so noch Regionen, die wir auf dem Hinweg nicht gesehen hatten. Es war gar nicht so lange her, dass wir die Netflixserie „Curon“ gesehen hatten. Die Stadt gibt es wirklich und den versunkenen Kirchturm, den gibt es auch. Ehrlich gesagt hätten wir nicht gedacht, dass wir an einem so bekannten Ort ein Bild machen können. Nicht nur, dass der Turm verkehrstechnisch ideal auf der üblichen Reiseroute liegt, er liegt auch noch direkt an der Hauptstraße. Wir mussten also einige Reisebusse und PKWs abwarten, bis wir dann doch endlich ein Bild machen konnten.

Es war an diesem Tag wahnsinnig windig und kalt. Wenn ich ehrlich bin war es seit dem ersten Islandbild wohl das schwierigste Bild überhaupt. Ich hatte enorme Kälteschmerzen und es dauerte einige Zeit, bis diese wieder abgeklungen waren. Und doch denke ich genau daran nicht, wenn ich das Bild aus Curon sehe. So ist es meistens mit solchen Bilden. Sie fallen einem so schwer, aber am Ende freut man sich über das Bild und die Freude bleibt im Gedächtnis.

Graun im Vinschau, Südtirol

Im Übrigen nehmen wir unsere Leser auf jeder Reise per Instagramstory mit. Hier posten wir dann direkt aus dem Geschehen heraus, was wir gerade erleben. Hinterher speichern wir unsere Reisestorys als Highlight ab, sodass sie auch später immer abrufbar sind. Wer also noch mehr Einblicke aus Südtirol erhaschen möchte, schaue sich gern auf unserem gemeinsamen Reiseaccount um. Dort sind auch die Reisestorys aus Schottland, Island und kommenden Reisen zu finden.

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